Die Sitzhaltung, die wir während einer Meditation einnehmen, ist kein Selbstzweck. Es geht nicht darum, möglichst „meditativ“ auszusehen oder eine vorgegebene Haltung exakt einzuhalten. Die Sitzhaltung ermöglicht uns vielmehr über einen längeren Zeitraum sowohl aufrecht als auch relativ entspannt sitzen zu können. Wir werden während eines MBSR-Kurses mit der Zeit die Dauer der Sitzmeditation ausdehnen, von etwa 5 Minuten zu Anfang bis zu 30 Minuten Meditationszeit pro Übung am Tag der Achtsamkeit. Deshalb ist es wichtig, für den jeweiligen Zeitraum eine Sitzhaltung einnehmen zu können, in der wir möglichst wenige Ablenkungen durch unseren Körper bzw. unsere Körperhaltung erfahren, wie z.B. Schmerzen im Rücken oder ein Zwicken im Knie. So können wir uns voll und ganz auf die Wahrnehmung des Atems konzentrieren; und - um eine Sache vorwegzunehmen: ja, es ist erlaubt – und sogar erwünscht – die Sitzhaltung während der Meditation zu verändern. Es wird zwangsläufig dazu kommen, dass etwa der Oberkörper ein wenig zusammensackt während wir meditieren. Manchmal hilft dann schon eine minimale Veränderung deiner Sitzhaltung, bis du wieder aufrecht und entspannt sitzen kannst.
Zur Sitzhaltung generell: Wir sitzen in der Regel auf einer Meditationsmatte und mit unserem Gesäß auf einem Meditationskissen. Das Kissen kann unterschiedlich hoch sein. Die Funktion des Kissens besteht darin, dass das Gesäß etwas höher ist als die Beine und sich somit der Oberkörper besser aufrichten kann. Das verhindert einen Rundrücken, weil ansonsten in einer Sitzhaltung auf dem Boden ohne Kissen der Oberkörper nach hinten kippen würde. Darüber hinaus ist dadurch eine Sitzhaltung möglich, in der ein Hohlkreuz vermieden werden kann. Die Haltung des Oberkörpers entspricht der natürlich Form der Wirbelsäule, die von der Seite betrachtet eine S-Form aufweist. Außerdem bilden das Gesäß und die Knie eine Art Dreieck. Dadurch können wir eine stabile Körperhaltung einnehmen. Die Schultern sind etwas zurückgerollt, der Kopf so ausgerichtet, dass wir etwa 2 Meter nach vorne auf den Boden schauen können. Die Hände liegen entweder auf den Knien oder den Oberschenkeln (mit den Handflächen zur Decke, wenn sich das angenehm anfühlt) oder die Hände sind im Schoß übereinander zusammengelegt; und schließlich schließen wir sanft die Augen. Es ist aber auch möglich mit halb-offenen oder geöffneten Augen zu meditieren.
Eine klassische Sitzhaltung ist zunächst der „Schneidersitz“. Wir sitzen auf dem Kissen auf dem Boden und die Beine werden übereinander gekreuzt. Der Nachteil dieser Haltung ist, dass die Fußgelenke aufeinanderliegen, was bei längerem Sitzen zu Schmerzen führen kann.
In der birmanischen Sitzhaltung sitzen wir auf dem Kissen und das rechte Bein wird vor das linke Bein gelegt (oder umgekehrt). Dadurch erfahren wir schon eine etwas stabilere Haltung.
Im halben Lotussitz werden die Beine gekreuzt und dann wird der rechte Fuß auf den linken Oberschenkel (oder die linke Wade) gelegt - oder umgekehrt: der linke Fuß wird auf den rechten Oberschenkel (die rechte Wade) gelegt. Dies erfordert etwas Umgewöhnung in der Hüfte und dem Knie, bis sich der Körper an die Dehnung gewöhnt hat. Meist kann man im halben Lotus eine noch stabilere Haltung einnehmen, da hier in der Regel beide Knie auf dem Boden sind. Gegen ein „schwebendes Knie“ kann dann gerne ein Kissen unter das jeweilige Knie gelegt werden.
Im vollen Lotussitz gehen (bzw. sitzen :-)) wir noch einen Schritt weiter. Hier werden die Beine gekreuzt, der rechte Fuß wird auf den linken Oberschenkel gelegt und der linke Fuß auf den rechten Oberschenkel. Diese Sitzhaltung ist noch ein wenig stabiler, erfordert aber einige Übung und eine weitere Anpassung von Muskulatur und Gelenken.
Eine weitere Möglichkeit zu sitzen besteht darin, mit dem Gesäß auf einem Meditationskissen zu sitzen und die Beine neben dem Kissen zu haben, d.h. die Unterschenkel sind flach auf dem Boden. Die Knie und Füße sind durch die Meditationsmatte abgepolstert. Eventuell ist es notwendig ein höheres Kissen zu verwenden oder mehrere Kissen übereinanderzulegen. Auf diese Weise ist eine stabile und aufrechte Sitzhaltung möglich.
Das Sitzen auf einem Meditationsbänkchen ist eine zusätzliche Option (mehrere Bänkchen sind im Kursraum vorhanden). Das Bänkchen ist hinten etwas höher als vorne, wir sitzen mit dem Gesäß auf den Bänkchen und die Unterschenkel liegen unter dem Bänkchen flach auf dem Boden auf. Knie, Beine und Füße sind auch hier durch die Meditationsmatte gepolstert. Somit ist auch hierdurch eine aufrechte und entspannte Sitzhaltung möglich.
Und schließlich besteht die Möglichkeit auf einem Stuhl zu sitzen. Dabei empfiehlt es sich, aufrecht auf dem Stuhl zu sitzen und sich möglichst nicht anzulehnen. Die Füße sind flach auf dem Boden und die Sitzhaltung ist aufrecht, ohne einen Rundrücken zu machen oder ein Hohlkreuz zu bilden. Die Hände liegen auf den Knien oder sind im Schoß ineinandergelegt.
Zum Schluss noch ein Hinweis: Es gibt nicht DIE Meditationshaltung. Welche Haltung für wen am besten geeignet ist, das ist individuell unterschiedlich. Jede/r sollte die Meditationshaltung finden, die am geeignetsten ist und die den eigenen Möglichkeiten entspricht (niemand muss den vollen Lotus beherrschen :-)). Vielleicht ist es sinnvoll für dich zu Beginn deiner Meditationspraxis erst einmal mit unterschiedlichen Sitzhaltungen zu experimentieren, so lange, bis du deine Haltung (bzw. evtl. deine Haltungen) gefunden hast.